Wie behalte ich einen klaren Kopf, Anja Blacha? (Podcast-Festival)
Shownotes
Zufriedenheit entsteht nicht beim Eisessen. Sondern durch die Aufgaben, denen ich mich in meinem Leben stelle. Das, was mich persönlich herausfordert und ich trotzdem bewältige. Frei nach dem Motto: Follow your blisters (Folge deinen Blasen). Was sind die Themen, an denen ich mich ab-arbeite, ohne mich dabei aufzureiben.
Um Herausforderungen gut zu meistern, braucht es das richtige Mindset, Fokus und einen klaren Kopf. Was ist gerade wichtig? Was brauche ich gerade? Meine Gästin in dieser I feel you Folge und Liveaufnahme auf dem RefLab Podcast Festival ist gerade in Extremsituationen besonders fokussiert.
Wie sie das schafft, davon erzählt sie in diesem Gespräch. Ihre Energie und Motivation zieht sie dabei nicht aus den Rekorden, die sie bricht, sondern aus den persönlichen Herausforderungen, die sie meistert.
Meine Gästin auf dem RefLab Podcast Festival war Anja Blacha. Die Bergsteigerin und Extremsportlerin, hat 12 der 14 8000m Gipfel der Welt ohne Sauerstoff bestiegen und ist knapp 1400km durch Schnee und Eis allein bis zum Südpol gelaufen. Studiert hat sie BWL und Philosophie, widmet sich aber nun vollumfänglich ihren sportlichen Projekten und spricht in dieser Liveaufnahme über Ziele im Leben und das richtige Mindset.
Transkript anzeigen
00:00:02: Ganz
00:00:03: herzlich willkommen beim Reflap Podcast Festival.
00:00:07: twenty-fünfundzwanzig zum Thema Alles wird gut.
00:00:14: Wie
00:00:14: schön, dass ihr heute Morgen schon den Weg hierher gefunden habt.
00:00:18: Wie schön, dass ihr da seid.
00:00:20: Ich begrüße euch nicht nur zum Festival, sondern natürlich auch ganz besonders jetzt hier bei der Podcast Live Aufnahme von I Feel You, dem Psychologie Podcast des Reflap auf dem Festival.
00:00:34: Mein Name ist Jana Horstmann, ich bin Theologin und Pfarrerin, aber meistens wünsche ich mir, ich hätte eigentlich lieber Psychologie studiert statt Theologie.
00:00:45: Und weil das so ist, rede ich in meinem Podcast meistens mit Menschen, die sich auskennen, über große Themen und große Gefühle, für ein bisschen mehr I feel you miteinander, ein bisschen mehr Verständnis für uns selbst und für einander.
00:01:00: Und ich habe mir gedacht, Im Zuge dieses Alles wird gut festivals und eigentlich einer weltvoller Herausforderung und Krisen.
00:01:08: Es ist wichtiger denn je eine gewisse innere Stärke zu finden, die uns weitermachen lässt, die uns anspornd und die uns manchmal auch durchhalten lässt.
00:01:20: Und genau darum geht es in dieser besonderen I Feel You Ausgabe.
00:01:26: Die Person, die ich zum Gespräch eingeladen habe, ist zwar keine Psychologin oder Psychotherapeutin, aber sie ist ziemlich gut darin, Herausforderungen zu meistern.
00:01:37: Besonders, wenn es sich um besonders hohe oder besonders kalte oder besonders lange Herausforderungen handelt oder alles zusammen, kalt und hoch und lang.
00:01:49: Ganz herzlich willkommen.
00:01:50: einen Bitte gerne großen Applaus für meine Gäste Anja Blacher.
00:01:54: Wie schön, dass du da bist.
00:01:55: Hallo, Anja.
00:01:55: Vielen herzlichen Dank.
00:02:17: Liebe Anja, für die, die hier sind und dich vielleicht noch nicht kennen, sage ich mal noch kurz ein, zwei Sachen, bevor wir unser Gespräch starten.
00:02:25: zu dir.
00:02:27: Du bist thirty-fünf Jahre alt, du kommst eigentlich aus Bielefeld und lebst jetzt aber schon länger in Zürich.
00:02:34: und du hast an sich etwas relativ unspektakuläres, erst mal studiert, nämlich Betriebswirtschaftslehre in Mannheim und hast dann aber ein Master in Philosophie an der University of Burbank in London gemacht.
00:02:47: und du bist hier, weil du Schon Extremsportlerin bist, würde ich jetzt mal sagen.
00:02:54: Bergsteigerin und Extremsportlerin.
00:02:57: Aber du bist erst relativ spät zum Klettern, zum Bergsteigen gekommen.
00:03:03: Mit Anfang zwanzig, wenn ich das richtig recherchiert habe, auf einem Urlaub mit deiner Schwester.
00:03:09: Und bist jetzt aber schon länger dabei und machst das jetzt auch voll.
00:03:14: beruflich ist es jetzt quasi dein dein voller Job.
00:03:16: Du hast noch lange Zeit zwischendurch in einem Management Bereich gearbeitet und bist jetzt aber voll in deinen Expeditionen und im Berg steigen und klettern.
00:03:28: oder die neueste Errungenschaft oder das Neuste, was du geschafft hast.
00:03:31: Ende Mai bist du als, ich glaube, erste deutsche Frau auch alleine ohne Sauerstoff auf den Mount Everest gestiegen.
00:03:39: Richtig.
00:03:41: Ja, genau.
00:03:42: Einfach für alle, die nicht so genau wissen, was Anja bisher so gemacht hast.
00:03:46: Du hast eine sehr lange Expedition von der Küste bis zum Südpol gemacht, bis zwei Monate lang durch Schnee und Eis alleine ansupportet.
00:03:55: Das ist wichtig.
00:03:56: Man hat, glaube ich, so ein hundert Kilo Schlitten hinter dir hergezogen, zwei Monate lang.
00:04:04: Ich könnte jetzt noch zehn Minuten, glaube ich, weiter einfach erzählen, was du alles schon mittlerweile erreicht hast in der Zeit, die du das jetzt schon professionell machst.
00:04:14: Aber bevor wir ganz in das Thema einsteigen, möchte ich eigentlich erst mal fragen, wie es dir geht, weil das ist wichtig bei I Feel You, dass ich immer damit starte, dass ich meine Gäste in den Frage, wie es ihnen geht.
00:04:25: Also jetzt erst mal an, ja, wie geht es dir denn eigentlich?
00:04:29: Ja,
00:04:29: ich kann jetzt ganz klassis sagen, mir geht es gut.
00:04:31: Ich bin gespannt, ich freue mich auf das Gespräch, den heutigen Tag, den Austausch und das, was kommt.
00:04:39: Cool.
00:04:40: Ich stelle meinen Gästinnen auch immer drei Fragen und ich habe schon andere Gespräche zum Thema Resilienz gehabt, weil darum soll es heute auch gehen.
00:04:49: Die erste Frage ist, was machst du aus purer Freude?
00:04:54: Fast schon eine schwierige Frage, wenn man jetzt die Frage ein bisschen tiefer anschaut, gibt es Dinge, die wir machen, die nicht aus purer Freude sind, mal Zwangsarbeiten ausgeklammert.
00:05:05: Ist nicht alles selbst das, wo wir uns überwinden müssen, wo wir was Schwieriges machen, etwas, was uns hinterher Freude gibt, dass wir es geschafft haben oder Freude gibt, dass wir vielleicht stärker geworden sind oder Freude gibt, dass wir es nicht mehr vor uns haben.
00:05:20: Aber vielleicht mal in der ... Primären und nicht sekundären Reihenfolge.
00:05:24: Allein gestern Abend war ich zum Nachtessen mit alten Schulfreunden beim Gottibub.
00:05:29: Und das sind auch Momente, die einfach Freude machen, das Leben genießen und ein gutes Gespräch haben.
00:05:35: Schön.
00:05:35: Ja, auf die Metaebene kommen wir bestimmt nachher nochmal zu sprechen.
00:05:39: Die zweite Frage.
00:05:41: Was machst du, wenn du sehr gestresst oder auch so richtig wütend zum Beispiel bist?
00:05:46: Kommt drauf an, woher es der Stress kommt.
00:05:48: Es gibt den Stress, der beispielsweise sich rein aus Zeitmangel speist.
00:05:54: Ich will so viele Dinge tun oder ich hab so viele Deadlines gleichzeitig und die Zeit reicht einfach nicht.
00:06:00: Oder ich hab mir so eine große Herausforderung gestellt oder da werden Anforderungen an mich gestellt.
00:06:07: Das ist so ein bisschen der einfach Intensitätsstress.
00:06:12: Da bin ich immer der sich stark einfach mal Scheuklappen aufsetzen, weil ich dachte, okay, was ist die nächste, beste, wirksame Aktivität, die ich machen kann?
00:06:20: und alles andere blende ich aus und versuche dann wirklich linear eins nach dem anderen, bestmöglich abzuarbeiten.
00:06:27: und was nicht geht, geht nicht.
00:06:28: Ich habe mein Bestes gegeben.
00:06:30: Es gibt aber auch Stress oder Wütendsein aufgrund von beispielsweise einer Situation, die ich nicht gut finde, einer Interaktion, die schwer schwierig war oder mich noch beschäftigt.
00:06:41: Und da mache ich dann eher das Gegenteil, dann ist es nicht ein, okay, ich fokussiere mich total auf diese eine Situation und versuche sie einfach linear zu bewältigen, sondern ein, ich nehme mich raus, ich versuche abzuschalten, Distanz zu gewinnen.
00:06:57: Wenn ich kann einfach mal eine Nacht drüber schlafen und morgen sieht schon alles wieder ganz anders aus, wie wir das so kennen.
00:07:03: Und wenn ich selber irgendwie in meiner Gedankenspirale vielleicht feststecke, dann mein Gespräch mit einem guten Freund oder meiner Schwester oder der Gleichen und nochmal neu in die Situation reingehen.
00:07:15: Das klingt auch schon sehr nach dieser Differenzierung innerlich.
00:07:18: Es ist gerade was, was mich emotional auch irgendwie aufwühlt, wo auch vielleicht eine emotionale Situation passiert ist, auf die ich gerade so reagiere.
00:07:26: Oder wie du sagst, es ist einfach dieser Zeitaspekt.
00:07:28: Ich musste direkt an dieses Quadrat denken.
00:07:32: Ich weiß gar nicht von wem es ist, wonach man einteilt, die Aufgaben einteilt.
00:07:35: Ist es dringend, ist es nicht dringend und ist
00:07:38: es wichtig
00:07:38: oder ist es nicht wichtig, kann ich es delegieren, muss ich selber machen oder kann ich es einfach ganz sein lassen, genau.
00:07:45: Klingt so sehr da nach, bei den ganz praktischen Dingen dann.
00:07:50: Und die letzte Frage, wofür bist du zur Zeit besonders dankbar?
00:07:55: Also, heute Morgen bin ich aufgestanden, war dankbar für den wunderschönen Spätsommertag.
00:08:00: Schlicht aber... glücklich machen, muss ich sagen.
00:08:03: Und ich bin sehr dankbar auch in letzter Zeit für ganz viele neue Menschen, die mein Leben gekommen sind, durch Zufälle ein total bunter Blumenstrauß an Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen, aber alle total bereichernde Interaktionen gewesen und auch Beziehungen, wie sie daraus aufbauen.
00:08:24: Sehr schön.
00:08:25: Danke für die Beantwortung der ersten drei kleinen Fragen.
00:08:30: Ich habe Anja eingeladen für diese Folge auch, weil ich mir gedacht habe, du machst ganz viele Dinge, die ich mir niemals zutrauen würde.
00:08:37: Und ich finde es einfach ultra bewundernswert und einfach staune immer darüber, was Menschen so erreichen können.
00:08:49: Und auch, wie gesagt, deine Expeditionen, dass du teilweise so lange auch alleine unterwegs warst.
00:08:55: Und wir wollen ja auch so ein bisschen heute über Resilienz reden und auch so ein bisschen darüber, wie man sich einstellt, wenn man so den Mount Everest ohne Sauerstoff besteigt.
00:09:05: Oder weiß ich, werde jetzt zwei Monate alleine durch Eis und Schnee laufen.
00:09:09: Und eine Frage auch von Mindset.
00:09:12: Da habe ich ganz stark das Gefühl, jetzt hast du auch eben schon so ein bisschen angerissen, so eine Frage, wie stelle ich mich innerlich ein auf solche Herausforderungen, auf das, was ich in Angriff nehme.
00:09:23: Ganz basal angefangen.
00:09:26: Was brauchst du?
00:09:26: Also, wie bereitest du dich vor?
00:09:28: Was sind so die ersten Dinge, wenn du sagst, ich plan jetzt irgendwas, eine neue Expedition oder eine neue Bergbesteigung, so erstmal ganz praktisch?
00:09:37: Was sind die praktischen Dinge, die du dann erstmal berücksichtigst?
00:09:41: Ich weiß nicht, ob das praktisch ist, aber das allererste, was ich brauche, ist eine Waage und zunehmend klare Zielvorstellung.
00:09:50: Was will ich eigentlich erreichen?
00:09:52: Und vor allen Dingen will ich.
00:09:55: Ich muss mir das Ziel zeigen machen.
00:09:57: Selbst wenn der Vorschlag von jemand anderem gekommen sein mag, meistens nicht, aber selbst dann muss ich mich selber für mich dazu kommen und sagen, da will ich hin, das will ich erreichen.
00:10:08: Und das gibt mir dann die Energie und immer auch später die Resilienz, dran zu bleiben und mich dafür einzusetzen.
00:10:14: Ohne diesen inneren Willen, diese innere Willenskraft geht es für mich.
00:10:19: Nicht gut.
00:10:21: Genau, und praktische Themen sind dann natürlich die Logistik, die Versicherungen, die Ausrüstung, die physische Kompetenz, habe ich all die Skills, die es braucht, um eine Kletterspaltenrettung zu machen oder eine steile Passage hochzukommen oder meine Ausrüstung zu reparieren, wenn sie kaputt geht, also all die praktischen Kompetenzen.
00:10:43: Und für mich gehört auch immer Ein Team, das zur selbstständigsten Solo-Explosion ist, also beispielsweise bei der Antarktis habe ich mir einen Team zusammengestellt aus Leuten, die ganz unterschiedliche Hintergründe hatten, rein regional aber auch von ihren Ansätzen, wie sie Expeditionen umsetzen und habe dann dadurch immer wieder neue Impulse, neue Inputs bekommen und verschiedene Arten Dinge zu machen kennengelernt.
00:11:10: und das war für mich auch wichtig in der Vorbereitung.
00:11:12: Das war jetzt direkt meine Frage.
00:11:13: Ich habe direkt innerlich eingehackt und wollte gerade fragen, machst du das alles alleine?
00:11:19: Meistens muss die Initiative von mir ausgehen.
00:11:22: Aber sobald ich auf andere Menschen zugehe, merke ich immer wieder, Menschen sind unglaublich hilfsbereit.
00:11:28: Man muss ihnen nur die Gelegenheit geben, sich einzubringen, Offenheit zeigen, ihnen zuzuhören.
00:11:34: Und das sind dann häufig wunderschöne Momente, die sich genau daraus ergeben, dass man mal eine kalte Nachricht an jemanden schreibt, den man noch nie gesprochen hat und wo man nicht mal eine indirekte Verbindung zu hat.
00:11:45: Und da bin ich immer wieder positiv von anderen Menschen überrascht.
00:11:49: Voll schön.
00:11:52: Du hast gerade schon gesagt, es muss dein Ziel sein, du musst es dir zu eigen machen und du musst es auch wollen.
00:12:00: Also woran merkst du das?
00:12:02: Also ist das so was wirklich so ganz tief Indie ist, aber woran merkst du, dass es irgendwie dein Ziel ist oder was es vielleicht auch?
00:12:10: Man spricht immer von intrinsischer Motivation.
00:12:13: Was liegt da drunter?
00:12:15: Weshalb du dir sagst, das ist mein nächstes Ziel?
00:12:19: Die nächste Expedition nicht tausend vierhundert Kilometer, sondern jetzt keine Ahnung, zweitausend Kilometer oder eben der nächste Gletscher, wie auch immer.
00:12:30: Ich glaube, so ein schwarz-weiß Kriterium habe ich dafür jetzt nicht.
00:12:36: Aber ich bemerke immer wieder, okay, da bin ich jetzt bereit, noch den ganzen Feierabend mit Recherche zu verbringen und mir Sachen anzuschauen.
00:12:49: dafür auch mein Investment an Zeit und Geld und Energie zu priorisieren und andere Sachen dafür abzusagen.
00:12:55: Wo sage ich, okay, das kostet mich zwar etwas, ich kann deswegen bestimmte Sachen nicht mehr machen, weil ich mich darauf komme, aber ich bin bereit, das dafür aufzugeben.
00:13:03: Und ich bin bereit dafür, halt all die lästigen Aufgaben, die nun mal auch dazugehören, ja, zu stemmen.
00:13:10: Also du gehst dann auch schon immer so all-in.
00:13:12: Also das ist dann quasi so, das hört sich so nach ganz oder gar nicht an und dann wirklich nach so... Etwas allumfassendes, was du dann für dich annimmst, wo du dann auch ganz klar die Prioritäten entsprechend setzt.
00:13:23: Äh, ja, also es muss
00:13:26: eine
00:13:27: klare Priorisierung geben.
00:13:29: wonach treff ich denn jetzt meine Entscheidungen?
00:13:32: Weil alles gleichzeitig funktioniert nicht.
00:13:34: Heißt es, dass ich hundert Prozent meiner Lebenszeit dann nur noch auf ein einziges Ziel setze?
00:13:39: Nein, heißt es nicht.
00:13:40: Aber wenn ich halt irgendwo Zielekonflikte habe, muss ich eine Priorisierung haben.
00:13:44: Und am Anfang ist es dann eigentlich das, was ich organisch denke gibt und wo ich dann auch merke, okay, das ist was, was mich gepackt hat und für ich bereit bin, was einzusetzen oder eben nicht.
00:13:53: Und ich glaube, die Sachen, wo wir sagen, es wäre schön, das mal zu machen.
00:13:57: Und ja, ich schau mal und ja, ich mach mal vielleicht ein erstes Training und vielleicht komme ich dann rein und dann gucke ich mal weiter.
00:14:04: Das sind die Sachen, die uns häufig eher abbringen vom Ziel, weil wir dann irgendwie nicht wirklich von der Stelle kommen, weil wir dann nicht wirklich dieses Momentum aufbauen, um einen Sprung nach vorne zu machen, sondern so langsam und mühsam und ja, auf dem Dauerbrenner.
00:14:23: aber mit kleiner Flamme auf den Weg begeben.
00:14:25: Und das ist für mich etwas, wo ich sage, das funktioniert nicht so gut, wenn man ein schwieriges Ziel erreichen möchte.
00:14:32: Also hat es auch für dich was damit zu tun, sich vielleicht auch immer wieder aus dieser viel benannten Komfortzone heraus zu begeben bzw.
00:14:41: zu merken, so, nee, da... Da schlägt mein Herz schneller und da will ich wirklich was, auch wenn das bedeutet, dass ich eben aus dieser Komfortzone dann rauskommen muss.
00:14:50: Oder dass es mich vielleicht auch was kostet, das zu tun.
00:14:53: Ja, ich glaube, auf der Komfortzone kommen wir als allererstesten dem Moment raus, wo wir uns vielleicht ein Ziel stecken, was so groß ist, dass wir keine Ahnung haben, ob wir das schaffen können.
00:15:02: Und für mich war das sogar... Als das erste Mal auf den Everest gegangen war, mit Flaschensauerstoff, mit Sherpas Support, mit Bergführer im Team.
00:15:10: Also so rundum sauglos verkehrt, möchte ich fast sagen.
00:15:13: Falls man davon da sprechen kann.
00:15:14: Genau, aber selbst da wusste ich noch nicht, schaffe ich das überhaupt bis zum Gipfel.
00:15:19: Und das hat einen Mutsprung gebraucht zu sagen, ich komm hierher, ich probier das, ich geb dem Ganzen eine Chance, wohlwissend, dass es sein kann, dass ich in zwei Monaten wieder daheim stehe und sage.
00:15:32: Es hat nicht sollen sein, weil ich nicht qualifiziert genug war, ich nicht stark genug war oder die Bedingungen widrig waren, war es auch immer.
00:15:40: Und das braucht erst mal einen Mutsprung zu sagen.
00:15:42: Ich committe mich auf ein Ziel, ich gehe das an und
00:15:46: ich
00:15:47: muss da teilweise auch öffentlich dann sagen, wenn ich die Sachen plan und vorbereite, ohne zu wissen, dass es klappt.
00:15:56: Das heißt, das denkst du schon auch immer mit oder das ist immer eine Option, dass du sagen kannst, ich gehe das an und ich will das und ich mache diesen Mutsprung, ich gehe raus aus meiner Kupferzone und gleichzeitig bin ich vielleicht auch so realistisch mitzudenken, dass es aus ganz vielen unterschiedlichen Gründen her auch einfach nicht klappen kann.
00:16:16: Beziehungsweise zu dem Zeitpunkt zum Beispiel nicht klappen kann, wenn die Wetterbedingungen nicht passen, wie auch immer.
00:16:22: Ja, ich glaube gerade in der Explizionswelt ist das sehr privalent dieses Wissen um.
00:16:26: Ja, es kann nicht gut gehen, aber es ist möglich, dass es nicht gut geht.
00:16:30: Allein beim K.I.A.T.
00:16:30: II.
00:16:31: ist die twenty-fünf Jahre vor meiner Bestaltung gab es zwölf Jahre, wo niemand das auf den Gipfel geschafft hat.
00:16:36: Krass.
00:16:36: Wie hoch ist die Möglichkeit, dass ich es auch nicht schaffe?
00:16:39: sehr hoch.
00:16:41: Das wird bei Xbox One sehr schnell mitgedacht und das nimmt aber auch ein bisschen Impositiven und im Negativen den Druck raus.
00:16:49: Impositiven im Sinne von, naja, es ist in Ordnung, es mal nicht zu schaffen, es ist in Ordnung, Rückschläge zu haben, es ist in Ordnung, dass das Ziel unerreicht bleibt.
00:16:59: Im Negativen werden wir sagen, naja, gut.
00:17:02: Es ist ja in Ordnung, gibt man manchmal zu schnell auf oder gibt zu schnell die Verantwortung aus den eigenen Händen und sagt bei den ersten Schwierigkeiten, es gehört ja dazu zu scheitern, es ist ja in Ordnung.
00:17:14: Also es ist so ein Balanceakt zwischen Rückschläge sind in Ordnung, Gehören dazu sind unvermeidlich und man kann ja jederzeit mal wieder abbrechen.
00:17:27: Spannend, ja, das hätte ich jetzt gerade, du hast es selber gesagt, so ein Ballonsakt zwischen auch in sich selbst rein hören, unabhängig von den äußeren Umständen.
00:17:36: Wie fühle ich mich gerade überhaupt mit dieser Herausforderung?
00:17:39: Noch kann ich mir vorstellen, dass auch mal so ein persönliches Gegenchecken ist, weil unabhängig von den äußeren Umständen, die passen müssen.
00:17:46: Du hast ja auch schon gesagt, du hast natürlich auch eine eigene Vorbereitung.
00:17:51: Du musst gucken, dass du physisch dazu in der Lage bist, dass du auch mental irgendwie noch gut konzentriert bist.
00:17:58: Ganz häufig hat man ja schon gehört, dass gerade bei hohen Besteigungen es auch immer noch darum geht, die Konzentration so zu haben, dass man auch wieder heil runter kommt und dass das häufig ... bei vielen Bergsteigerinnen auch das Problem ist.
00:18:11: Also das eine ist ja eben, dass das Außen rumgegeben sein muss und gleichzeitig auch dieses innere Einschäcken mit sich selbst.
00:18:18: bin ich gerade noch gut davor mit dieser Herausforderung oder passt vielleicht auch für mich gerade irgendwas nicht mehr.
00:18:25: Unbedingt, also gerade diesen Selbstcheck kann einem auch keiner abnehmen.
00:18:30: Ich habe es in verschiedenen Situationen erlebt.
00:18:35: Ich selber sage immer, ich bin jetzt nicht die schnellste am Berg.
00:18:37: Ich gehe einfach meinen Tempo und ich weiß genau, mit meinem Tempo gebe ich sehr wenig Energie aus und kann dafür dann auch wirklich über viele Tage und über lange Distanzen.
00:18:45: weitergehen.
00:18:46: Also ganz kurz behalte dann mal, was heißt nicht die schnellste?
00:18:49: Was ist denn schnell im Verhältnis?
00:18:50: Es
00:18:50: gibt jetzt keine KMH, aber einfach es gibt Leute, die sagen, ich versuche so schnell wie möglich, das nächste Lager zu kommen und versuche da die Zeit.
00:18:57: Also es gibt jetzt keine KMH.
00:19:00: West Tabelle pro Höhen.
00:19:02: Also ja, es ist ein bisschen schon irgendwie am Gipfeltag, sagt man, ein hundert Höhenmeter die Stunde, aber wenn der Berg jetzt wieder eine andere Struktur hat, dann ist es schon wieder hinfällig.
00:19:10: Also einfach mal ganz grob gesagt, ich sage, ich bin nicht die schnellste und ich lasse mich auch nicht stressen.
00:19:16: Wenn jemand sagt, ich muss da schneller hoch, dann lasse ich ihn ziehen und gehe trotzdem mein Tempo weiter.
00:19:21: Häufig habe ich beobachtet, diejenigen, die unten am Berg schnell sind, haben eine sehr stark abflachende Geschwindigkeitskurve.
00:19:28: Die werden nach oben immer langsamer und haben dann später oft richtig Mühe, überhaupt noch weiter zu kommen.
00:19:34: Bei mir ist das unten langsam, aber oben in der gleichen Langsamkeit konstant und zieht mich dann weiter.
00:19:41: Und ich glaube, das ist auch für uns im Alltag immer wieder wichtig zu sagen, naja gut, der eine hat jetzt vielleicht schneller den nicht besseren Job bekommen oder ist schneller am nächsten Ziel angekommen, aber ich habe dafür vielleicht meine eigene Art und Weise, meinen Fundament zu bauen und darauf aufzubauen und das wird mich stabiler und länger nach vorne tragen.
00:19:59: Da gibt es einfach unterschiedliche Krafteinteilungen oder jetzt eine ganz andere Situation, wo es darum geht, seine eigenen Fähigkeiten einzuschätzen.
00:20:10: Wenn man am Gipfeltag merkt, man hat seine Reserven an Wasser und Essen aufgebraucht, man ist unglaublich schwach, man sieht die anderen gehen noch weiter, dann heißt es nicht, dass man selber noch weitergehen kann und darf.
00:20:22: Man weiß nicht, wie viel Kraft und innere Reserven die anderen noch haben.
00:20:25: und wenn man nur deswegen weitergeht, weil die anderen es noch tun, dann kann es sein, dass man über seine eigenen Grenzen nicht hinausgeht und es nicht mehr nach unten schafft.
00:20:35: Du hast es in einem anderen Interview erwähnt oder darüber gesprochen, dieses über die Grenzen gehen, dass das eigentlich immer schon zu weit ist, sondern dass es nicht darum geht, über die eigene Grenze hinauszugehen, sondern vielleicht eher die Grenze auszuloten oder einfach... das Bewusstsein für die eigene Grenze zu schärfen oder zu schauen, wo ist meine Grenze und wie kann ich mich in dem Bereich bewegen, der mich herausfordert, aber eben nicht darüber hinausgeht, wo ich dann vielleicht in dem Bereich bin, wo es nicht mehr gut ist.
00:21:06: Ja, ganz genau.
00:21:07: Also im metaphorischen Sinne ist es so schön zu sagen, ich werde über meine Grenzen gehen.
00:21:13: Aber im praktischen Sinne darf ich niemals an meine Grenze gehen, so wie du es schon gesagt hast.
00:21:19: Denn ... Das eine ist, wenn ich unterhalb meiner Grenze bleibe, regeneriere ich viel, viel schneller als wenn ich bis ans Limit gehe.
00:21:29: Wir kennen es vielleicht vom Handyakku.
00:21:31: Wenn der auf Null Prozent runter ist, gerade die alten Handymodelle, man hat das Handy dann an die Steckdrücke gesteckt, dann kam erst mal so ein schöner Blitz.
00:21:39: Und es hat Ewigkeiten gedauert, bis dann überhaupt die ersten ein, zwei Prozent kamen.
00:21:43: Und wenn die da waren, dann hat es sich dann normal geladen.
00:21:45: Wenn ich das Handy bei ein, zwei Prozent an die Steckdose stecke, dann lädt es sofort auf.
00:21:50: Es braucht nicht dieses initiale Momentum.
00:21:52: Und gerade an den hohen Bergen auf über fünf Tausend Metern oder bei minus vierzig Grad regeneriert der Körper nicht, wenn er einmal zu sehr geschwächt ist.
00:22:00: Und dann kann man eigentlich der XP zum beenden.
00:22:02: Das Zweite ist, es kann immer etwas Unvorhergesehenes passieren.
00:22:07: egal wo, egal was.
00:22:09: Und da muss ich auch immer noch einen Puffer haben, um darauf reagieren zu können.
00:22:14: Und jetzt übertrage ich mal mindestens das erste Beispiel in den Arbeitsalltag.
00:22:18: Wem ist geholfen, wenn wir ins Burnout fallen?
00:22:21: Nur weil wir immer noch eine halbe Stunde, eine Stunde früher aufgestanden sind und abends noch mal was dran gehängt haben.
00:22:27: Ja, da haben wir ein paar Stunden mehr gemacht über den Monat.
00:22:30: Aber der Ausfall, der dadurch passiert, dass wir uns ausgebrannt haben, dass wir zum einen nicht mehr... nicht mehr so schnell und klar gedacht und entschieden und gearbeitet haben über den Tal hinweg, wie auch der komplette Ausfall dadurch, dass wir vielleicht irgendwann krank werden, körperlich krank werden oder ausgebrannt mental krank werden.
00:22:48: Der ist ungleich größer als die paar Stunden, wo wir gesagt haben, ich reib mich auf an diesen Stellen für diese Arbeit.
00:22:57: Und es gibt ja auch die Differenz zwischen den Dingen, die mich aufreiben.
00:23:03: Wo ich dann aber trotzdem das Gefühl habe, danach, das ist gut für mich oder ich kriege vielleicht auch dadurch Energie zurück, weil das ein Thema ist oder ein Bereich, wo ich auch gerne viel investiere oder auch was wieder zurücknehme und die Bereiche, in denen ich mich aufreibe, wo ich danach das Gefühl habe, eben jetzt, jetzt, das war zu viel, da bin ich darüber.
00:23:23: hinausgegangen.
00:23:24: Wir haben in unserem Vorgespräch hast du mir ein Zitat genannt von Joseph Campbell, der gesagt hat follow your bliss und das beziehungsweise umgewandelt hat nicht follow your bliss, follow your, also Folge deiner inneren Begeisterung, sondern in Abwandlung follow your blisters.
00:23:42: Also Folge den Dingen, an denen du dich aufreiben kannst, wo aber danach quasi so eine Schutzblase entsteht.
00:23:50: Magst du dazu noch mal was sagen?
00:23:51: Ja.
00:23:52: Ja, gerne.
00:23:53: Ich fand das Zitat sehr schön, weil Joseph Campbell hat am Anfang gedacht, der Mensch findet zufriedenheit und Erfüllung, wenn er seinen Glücksmomenten folgt.
00:24:05: Nur das Problem ist bei mir, weil das jetzt vielleicht, ich gehe jeden Tag Eis essen und Kaffee trinken und leg mich an den See.
00:24:12: Wie lange schaue ich darauf zurück und sag, da bin ich stolz darauf, dass ich das gemacht habe.
00:24:17: Das ist ein sehr vergängliches Glück.
00:24:18: Das existiert in diesem allen kurzen Moment, aber das trägt nicht nach.
00:24:22: Das hält nicht lange nach.
00:24:24: Und das hat er dann auch später erkannt und gesagt, nein, eigentlich erlangen wir diese Tiefe zur Friedenheit und das viel erfüllte Gefühl von den Dingen, die vielleicht herausfordernd sind, an denen wir uns vielleicht ein Stück weit abarbeiten müssen, die ... an uns reiben, aber bei denen wir bereit sind, immer wieder diese Reibung und diese Störmomente in Kauf zu nehmen, um weiterzukommen und unserem Ziel ein Stück näherzukommen.
00:24:52: Und ja, Resilienz heißt ja auch immer wieder in seine Form zurückkommen.
00:24:55: Und ja, so wie die leider unschönes, metaphorisches Bild, wie die Blase an der Ferse eben im Schutzpolster ist, was dafür sorgt, dass nicht unsere Knochen irgendwann aufgerieben sind, sondern wir da immer wieder unsere Form behalten.
00:25:09: hilft uns das dann nicht, uns nicht zerstörerisch aufzureiben, sondern es nur daran zu reiben, um voranzukommen.
00:25:18: Vielen Dank.
00:25:22: Du hast jetzt schon ganz viel erzählt dazu, was dich motiviert und wie man da auch so reinspüren kann und wie man auch mit den Herausforderungen umgeht.
00:25:31: Ich möchte dich aber auf jeden Fall noch fragen.
00:25:34: Ob es auch Momente gibt, wo du zweifelst oder wo du selbst Zweifel hast oder vielleicht auch schon auf der Expedition oder auf der halben Höhe des Berges.
00:25:44: Weiß ich nicht, ob das da passiert, aber so das Gefühl hast, irgendwas passt nicht.
00:25:48: Oder wie gehst du damit um, wenn du das Gefühl hast, du kommst gerade in diesen Zweifel rein und bist gerade irgendwie mit dir selbst unsicher?
00:25:56: Weil ich mir vorstellen kann, dass ... Gerade wenn man bei so einer Bergbesteigung ist, ist ja auch ganz viel damit zu tun, dass man so sich selbst sicher ist mit dem, was man tut, sehr konzentriert.
00:26:06: Wie gehst du damit um?
00:26:07: Gibt es diese Momente überhaupt?
00:26:09: Und wenn ja, was machst du dann?
00:26:12: Ja, also natürlich gibt es bei mir auch diese Momente.
00:26:15: Ich glaube, am ausgeprägtesten sind sie tatsächlich im Vorfeld bis zum Start der Expedition.
00:26:21: Als zum einen da, wo ich eben noch nicht weiß, wie wird das Ganze sein vor Ort?
00:26:24: Und darf ich mir das überhaupt zutrauen?
00:26:26: überschätze ich mich da, unterschätze ich das, was mich erwartet und gerne natürlich auch in diesen Momenten, wo man beispielsweise auf das Team trifft, also ich erinnere mich noch sehr stark daran am Denali, da war ich als das erste Mal Teil einer Seilschaft auf einer großen Expedition und da hieß es entweder schaffen es alle in der Seilschaft.
00:26:46: Oder alle müssen umkehren, weil wir hier nicht einzeln abbrechen können, sondern ein geschlossenes Team sind.
00:26:51: Und dann kam ich an in Alaska und schaue mir die anderen Bergsteiger an und höre mir ihre Geschichten an.
00:26:56: Ich gebe ihnen auf diesen Elevator-Blick hoch und runter und denke mir nur, oh je.
00:27:01: Wie soll ich mit denen bloß mithalten?
00:27:03: Ich hoffe, sie schicken mich nicht schon nach Hause, bevor es überhaupt bloß ging.
00:27:07: Und dann dachte ich, na ja, besser sich schicken mich nach Hause, bevor es bloß geht, als dass ich ihnen jetzt noch die... Das zurückkannst
00:27:12: du dann nicht.
00:27:13: Genau, Expeditionverderbe.
00:27:15: Da war ein großer Selbstzweifel.
00:27:17: Und was mir geholfen hat, ist nochmal zurückgehen und überlegen, na ja, Sekunde.
00:27:20: Es gab ja recht objektive... Anforderungskriterien, bevor ich überhaupt auf die Sexposition gehen durfte.
00:27:28: Und eigentlich habe ich die ja alle erfüllt, sonst dürfte ich gar nicht erst hier stehen.
00:27:32: Und eigentlich meine ich auch, dass ich all die Dinge, die es braucht, sei es jetzt die Tagesetappen, die Höhenmeter, die Camparbeiten, die schwere Last tragen.
00:27:43: Eigentlich kann ich das doch, nur weil die jetzt viel, viel stärker aussehen und noch viel mehr Erfahrung haben, heißt es ja nicht, dass ich nicht trotzdem... ausreichend qualifiziert bin.
00:27:55: Und ich habe versucht wirklich nochmal von dieser emotionalen Ebene der Selbstzweifel auf die Objektivierung der Anforderungen, mich um zu switchen und darauf zu fokussieren und mir dadurch eine gewisse Ruhe zu geben.
00:28:12: Und so in den Momenten Das habe ich vorhin schon gefragt, was machst du, wenn du sehr gestresst bist, aber auch in Bezug auf dann eben so Expeditionen oder so, wenn du das Gefühl hast, oh, jetzt ist gerade Stress, weil es irgendwie besonders schnell gehen muss oder ja, eben vielleicht, weil sich auch so ein Zeitfenster schließt für irgendwie noch eine Gipfelbesteigung oder sowas.
00:28:35: Ist es da auch was, was du dann machst?
00:28:37: Also nochmal zurück zu dir, objektivieren, gucken.
00:28:40: ergibt es Sinn, dass jetzt hier gerade Stress da ist in mir oder wie es dann so deine Umgangsweise damit.
00:28:49: Ich würde gerne auch vielleicht etwas anderes Stressmomente am Berg oder auf Expression eingehen.
00:28:55: Viele Menschen, ja, inklusive in mir, können sich gestresst fühlen, wenn sie auf einem schmalen Grad gehen.
00:29:03: Ich wär da ganz vorne mit dabei, absolut.
00:29:05: Und dann geht es links einfach mal tausend Meter runter.
00:29:08: Und rechts vielleicht auch noch mal tausend Meter runter.
00:29:10: Oder rechts einfach steil nach oben und nur links geht's runter.
00:29:13: Und man denkt sich, wenn ich jetzt abrutsche, dann war's das.
00:29:19: Und wenn ich dann anfange, mich immer wieder auf diesen Abgrund zu fokussieren, nochmal zu schauen, ist das wirklich so tief?
00:29:24: Oder sind's nur neunhundert Meter?
00:29:26: Ich wollte jetzt sagen, es wird meistens nicht besser, je länger man drauf haut.
00:29:30: Ganz genau.
00:29:31: Da muss ich mich dann auch... wirklich ermahnen, so wie ich es jedem anderen raten würde, der vor oder nach mir das gleiche Problem hätte, nicht in den Abgrund schauen, nicht dahin schauen, wo die Gefahr ist, auch wenn es natürlich gut ist, dass ich weiß, dass ich jetzt vielleicht besser nicht hier rumspringe, sondern dahin schauen, wo der nächste sichere Tritt ist.
00:29:49: Und wenn ich mir überlege, da sind so viele Zentimeter, da bin ich schon in der Lage, meinen Fuß drauf zu platzieren, das kann ich doch auch auf dem Bürgersteig und auf dem Waldweg.
00:29:58: Warum sollte ich das dann nicht hier an diesem... ausgesetzten Hang oder auf diesem ausgesetzten Grad können, da gibt mir das Sicherheit.
00:30:05: Ich fokussiere mich auf die Elemente, wo der nächste Schritt sicher ist oder den nächsten Halt am Fels und blende damit mehr und mehr dieses Risiko unter mir aus.
00:30:18: Das klingt sehr kontrolliert.
00:30:20: Ich finde das sehr bewundernswert.
00:30:22: In
00:30:23: der Theorie ist das alles eins.
00:30:27: Hast du auch schon Momente erlebt, wo du quasi diese innere Sicherheit, die du dir gibst, an die du dich immer erinnerst, wenn du dich fokussierst, wo das Gefühl hast, diese Kontrolle auch über die Gedanken, das entgleitet mir gerade, oder das irgendwie so, dass du das Gefühl hast, oh, das braucht gerade sehr, sehr viel, dass ich das beisammenhalten kann.
00:30:49: Gab es so Momente?
00:30:50: Ja, ich habe einen Freund, der mich glaube ich immer an unsere gemeinsame Wanderung in Graubünden erinnern wird.
00:30:57: Eine einfache Wanderung.
00:30:59: Er ist dort in der Region aufgewachsen.
00:31:01: Komm, wir gehen dahin.
00:31:02: Zeig dir die Region.
00:31:03: Das ist ein schöner Berg.
00:31:04: Da können wir noch ein paar Sachen üben, die wir beide in einem Training gelernt hatten.
00:31:08: Und der Abstieg ist total entspannter.
00:31:10: Da kann man einfach so zwei Stunden sehr bequem über das Geröll runter.
00:31:13: Geröll hatte ich schon gemacht, aber auch schon ein steilere, solche Wanderungen nach unten zu sein gemacht.
00:31:19: Und dann stand ich da und auf einmal hat einfach alles in meinem Körper blockiert, weil ich das Gefühl hatte, der gesamte Hang bewegt sich und kommt mit mir runter, wenn ich nur einen Schritt setze.
00:31:28: Statt diesen zwei Stunden haben wir, glaube ich, bald fünf Stunden gebraucht.
00:31:31: Und irgendwie waren die Beine einfach nur noch blockiert und ich ... Ich habe gemerkt, ich komme nicht mehr in diese Selbstverständlichkeit und Lockerheit hinein, die ich eigentlich brauche, um hier souverän rauszukommen.
00:31:42: Und dann musste ich auf die mühsame Art Schritt für Schritt mich darunter quälen, wählen, bis ich unten angekommen war.
00:31:50: Und ja.
00:31:53: Und konntest du das dann danach, also als du dann unten warst, als du das dann verarbeitet oder konntest du das dann ... irgendwie so rekapitulieren, was in dem Moment passiert ist oder für dich richtig noch einordnen?
00:32:05: oder wie war das dann danach vom Gefühl her?
00:32:08: Ja, eigentlich schon mittendrin.
00:32:09: Also schon mittendrin war ich so aus dieser Drittperspektive, hab auf mich selber geschaut und gesagt, was macht sie denn da?
00:32:18: Aber trotzdem wollte sich kein Gefühl der Lockerheit und Sicherheit in dem Gelände einstellen.
00:32:23: Und dann hieß es einfach Quellen und jeden Schritt einzeln.
00:32:30: sehr bedacht setzen.
00:32:33: Du hast jetzt schon ganz, also eben gerade erzählt von diesen Momenten, die es dann doch eben gibt, wo du dann doch das Gefühl hast, jetzt kämpfe ich gerade auch irgendwie mit mir selbst.
00:32:43: Hast du sonst noch irgendwelche Techniken?
00:32:46: Ich erinnere mich oder ich denke jetzt gerade an die Expedition zum Südpol, wie wenn man da so lange alleine unterwegs ist und auch nur mit sich selbst.
00:32:59: Wie regulierst du da deine Gefühle?
00:33:01: Also nimmst du die hauptsächlich wahr und lässt die dann irgendwie auch wieder vorbeigehen?
00:33:04: Oder gibt es da auch Momente, wo man dann irgendwie einfach auch wütend ist, weil irgendwas vielleicht nicht geklappt hat?
00:33:10: Oder ich habe ein Bild von dir gesehen, wo dann, glaube ich, irgendwie deine Trockennahrung runtergefallen ist oder ausgekippt ist oder sowas.
00:33:17: Das hast du bei Instagram gepostet.
00:33:19: Und man dann geht so, oh, Scheiße, jetzt muss ich jede einzelne Nuss, die da aufsammeln.
00:33:24: weil es natürlich auch mega rationiert ist und du Portionen für jeden Tag hattest.
00:33:30: Wie gehst du, wenn du da so zwei Monate alleine unterwegs bist mit den Gefühlen, um die da sind?
00:33:35: Ich glaube, es gibt ganz viele schöne Gefühle und ganz viele tolle Momente, aber vielleicht auch mit den unliebsamen Gefühlen.
00:33:40: Ja, ich glaube gerade am Anfang, wenn was neu ist, wenn wir in etwas Staaten erleben, die meisten von uns diesen Zauber des Anfangs.
00:33:49: Wir sehen all diese Möglichkeiten und wir sehen all dieses ... Ja, eben nicht vertraute und prägen uns das ein.
00:33:56: Und ich glaube, es ist wichtig, diese Momente auch wirklich zu verinnerlichen und uns immer wieder daran zu erinnern.
00:34:02: Hey, an Tag eins habe ich diese Schneeverwähungen vom Wind... als so schöne Muster wahrgenommen.
00:34:08: Die sind auch an Tag vierzig noch so schön, auch wenn ich sie jetzt vierzig Tage am Stück gesehen habe, nochmal wieder in die Details zu gehen, nochmal zu überlegen, was gibt es ja eigentlich für Schönheit, um mich rum, die ich am Anfang als so besonders magisch wahrgenommen habe, die irgendwann zur Selbstverständlichkeit geboren ist.
00:34:24: Also ich glaube, dieses nochmal kurz uns zurücknehmen, nochmal umschauen, nochmal auf die Details achten und nochmal auf die Privilegien achten, dessen, was wir gerade machen und erleben dürfen.
00:34:35: Unglaublich.
00:34:35: dass es hilfreich ist, dieses Gefühl zu konservieren.
00:34:39: Ja, dann gibt es Momente, du sprachst gerade an, wo einfach Dinge schiefgehen.
00:34:44: Also ich, einen Beutel mit meinem Trailmix für den Tag in der Jacke gehabt, hat mich vorne übergebeugt, um die Bindung aufzumachen.
00:34:53: Er ist rausgefallen aus der Jacke, war noch offen, alles verstreut.
00:34:58: Dumm, einfach dumm.
00:35:01: Aber so war es jetzt halt, Schulternszücken aufsammeln, vielleicht, ja, ich habe noch ein Foto gemacht, weil ich dachte, gut, da habe ich zumindest eine kleine Erinnerung an den Moment und kann später drüber lachen, auch wenn ich jetzt vielleicht ein gefrorenes Lachen habe.
00:35:17: Und dann war es das, also kein Drama, aber ja, nächstes Mal einfach den Beutel zu machen vorher.
00:35:22: Und
00:35:24: dann gibt es die Situation, also in der Adapte hatte ich lange Strecken, dreihundertfünfzig Kilometer mit sogenannten Sastrugi, das sind Bodenwellen, die vom Wind ins Schnee und Eis reingefraist werden.
00:35:35: Die können klein und unbedeutend sein, die kann aber auch irgendwie größer sein als ich selber.
00:35:41: Und der Schlitten, dann sieht man nichts, weil man gerade im Whiteout unterwegs, man läuft mit den Schiern dagegen, der Schlitten kippt um, der Schlitten bleibt in den Windkuhlen stecken.
00:35:51: Unglaublich mühsam.
00:35:52: Das sind so diese Dinge, an denen man sich furchtbar, jetzt dich Wort aufreiben, aufreiben und zerreiben kann.
00:35:58: Und tatsächlich ist jemand gestorben an Organversagen nicht ausschließlich, aber nicht zuletzt auch wegen dieser Sastrugi, die einfach eine unglaubliche Belastung auch auf den Magen immer geben, weil man immer diese Zugbewegung und dieses Lockerlassen hat.
00:36:12: Ich hab mich dann immer wieder eh malen müssen, gerade wenn der Schlitten wieder umgekippt ist, da stecken geblieben ist.
00:36:17: Okay, das kostet mich jetzt schon extrem viel mehr Energie, als bei altem Sonnenschein auf einer weißen, eisigen Fläche gerade auszulaufen.
00:36:25: Will ich jetzt noch Energie hinter diese Dinge, die mich gerade furchtbar aufregen können, schicken?
00:36:31: Oder sage ich, nein, die Energie setzt sich lieber in den nächsten Schritt.
00:36:35: Und da habe ich mich immer wieder quasi ermahnen müssen.
00:36:38: Wenn ich mich jetzt noch darüber aufrege, habe ich einfach nur noch mehr meiner Energie verschenkt.
00:36:44: Ich nehme die Energie lieber... in die Richtung, wo ich hin will.
00:36:48: Und das hat mir geholfen, ein bisschen stoisch da den Fokus zu behalten.
00:36:53: Das wäre jetzt auch meine nächste Frage gewesen.
00:36:55: Also was brauchst du, wenn du ... eben so lange durchs Eis und durch den Schnee läuft und teilweise auch diese Whiteout-Momente hattest, wo einfach nur noch alles weiß, um einen rum ist.
00:37:07: Was brauchst du, um da quasi auch im Kopf aktiv zu bleiben und dich zu fokussieren und wie du sagst immer wieder zu sagen, so nein, ich entscheide mich, meine Energie in den nächsten Schritt zu geben.
00:37:18: Ich entscheide mich ganz bewusst, mich auf das Positive zu fokussieren und zu sagen, hey, ich erinnere mich daran, wie schön ich diese ... Ne, dieses Glitz an dem Schneefand, als ich hier gestartet bin, als ich den Anfang hatte.
00:37:34: Was braucht man da, um nicht verrückt zu werden?
00:37:36: Ich kann mir vorstellen, also ich glaube, ich würde die ganze Zeit Selbstgespräche führen, aber ich weiß nicht, ob das nach, weiß ich nicht, hundert Kilometern, dreihundert, fünfhundert Kilometern noch so erträglich wäre.
00:37:48: Ja, sicherlich eine... Ja, nicht immer die gleichen Gedanken gehabt.
00:37:55: Gerade am Anfang habe ich natürlich super viele Gedanken im Kopf gehabt.
00:37:57: Allein schon so, wow, es wird gerade real und es passiert und ich bin dankbar und ich bin aufgeregt und ich freue mich und ich beobachte alles ganz genau.
00:38:07: Hatt ich die Sturmzeit, wo ich dann irgendwie damit gefordert war, mich selber zu beweisen und zu behaupten und dann auch nochmal diese Selbstzweifel aufkamen und ich überlegen musste, bin ich jetzt Opfer von der Naturgewalt?
00:38:18: ... kann ich eigentlich gerade meine persönliche ... ... keine Heldengeschichte sozusagen schreiben, ... ... indem ich mich da rauswag ... ... und raustraue und weitermache ... ... hin zu den Monotonenzeiten ... ... und dann hinter den Sasturgiezeiten.
00:38:31: Und ... ... genau, also zum einen ... ... haben einfach die äußeren Gegebenheiten ... ... beeinflusst, in welchen Dimensionen ... ... sich meine Gedanken bewegt haben, ... ... dann vielleicht einfach mal ... ... um auf die Monotonenzeiten einzugehen.
00:38:46: Was mir da geholfen, also ... Spotify war tot nach dreißig Tagen.
00:38:49: Es gab auch keine Musik mehr außer einer grausamen Playlist, die ich noch dabei hatte.
00:38:57: Und dann war ich komplett gefangen mit Monotony, keine Herausforderungen mehr in diesem Sinne und meinen eigenen Gedanken und niemanden, mit dem ich mich austauschen konnte.
00:39:05: Und auch keinem Google, wo ich mal irgendwas nachschauen konnte, wenn ich eine Frage hatte zu den Helos am Himmel oder den Strukturen im Stehen.
00:39:12: Und ich habe dann angefangen, Kopf zu rechnen.
00:39:16: Ich war dann wirklich jeden Tag am Kopf rechnen.
00:39:19: Nicht nur jeden Tag, sondern jede Stunde und jede Minute.
00:39:22: Wie schnell gehe ich gerade?
00:39:23: Wie viele Kilometer schaffe ich dann bis zur nächsten Pause?
00:39:26: Wie viele Pausen hatte ich heute schon?
00:39:28: Wie viele Stunden muss ich heute noch machen?
00:39:29: Komm ich mit dem Stund auf meinen Tages soll?
00:39:31: Wie ist eigentlich mein Brennstoff stand?
00:39:33: Habe ich noch Puffer nach hinten raus?
00:39:34: Dann muss ich jetzt noch mehr Strecke wieder gut machen, die ich vielleicht vorher verloren habe.
00:39:39: Ich war am Kopf rechnen.
00:39:41: Weil irgendwann eben tatsächlich das eigene Gedanken gut... ausgeht.
00:39:45: Ich kann dir Gedanken nur bis zu einem gewissen Grad weiter denken und dann braucht es einen Außenimpuls.
00:39:51: Entweder jemanden, mit dem ich mich austauschen kann, der mich challenge und herausfordert auf dem, was ich gedacht habe, oder eine Art, wie ich sie verarbeiten kann und sozusagen zu Papier bringen und selber nochmal reflektieren kann.
00:40:05: Wir Menschen sind soziale Wesen und wir brauchen, wir brauchen Austausch, wir brauchen Kontakt und das tut uns auch gedanklich und geistig gut.
00:40:15: Was hattest du dabei?
00:40:17: Du hattest natürlich einen Kompass dabei, ganz praktisch, um dich vernünftig zu navigieren.
00:40:22: Du hattest deinen Schlitten, den du hinter dir hergezogen hast.
00:40:26: Aber du hattest auch ... irgendwie zumindest nach außen insofern Kontakt, als dass du deine Koordinaten durchgeben musst, ist, wenn ich das richtig erinnere.
00:40:35: Genau.
00:40:36: Es gibt eine antarktistrechte Sicherheitsprotokolle und dazu gehört und handelt um, dass ich jeden Tag per Satellitentelefon meine GPS-Koordinaten und meine gemachte Strecke rapportieren musste, um auch einen letzten Ankerpunkt zu geben, falls ich mich nicht mehr melde.
00:40:50: Wo müssen Sie mich suchen, falls ich in die Gletscherspalte gefallen bin, um ich nicht mehr melden kann.
00:40:54: Wo bin ich zu finden?
00:40:56: Und ich hatte theoretisch damit auch die Möglichkeit... jeden Tag jemanden anzurufen.
00:41:02: Aber ich habe mich bewusst dafür entschieden zu sagen, nein, ich bin jetzt auf einer Solo-Expedition und ich bin voll und ganz dort und nicht.
00:41:10: Ich versuche, während ich hier bin, noch eine sehr, sehr schlechte Luftbrücke in meinen anderen Alltag reinzubauen, der mich immer wieder aus meiner Realität rausreißt und einen anderen Tribelt reintransportiert.
00:41:21: Und ich kenne Leute, die das machen, weil sie ... Familie, Kinder, Freunde vermissen und gar nicht sich vorstellen können, jetzt meinen Tatlicht mit ihnen zu sprechen.
00:41:31: Und für mich war das ein, das hat einmal den Charakter meiner Solo-Explosion nicht ganz entsprochen oder meinem Verständnis davon.
00:41:40: Und in der Beobachtung haben die Leute meistens hinterher mehr gelitten, die die ganze Zeit versuchen, in zwei Welten gleichzeitig zu sein und nicht sagen können, die zwei Monate sind nicht die Welt.
00:41:53: Die kann ich jetzt mal präsent im Moment sein und danach gehe ich wieder zurück in meine andere Welt und bin da auch wieder präsent.
00:42:01: Das passt ein bisschen zu dem, was du vorhin schon angesprochen hast, auch diese Verhältnismäßigkeit.
00:42:06: Wie steht das, was ich jetzt tue, diese zwei Monate zum Beispiel, die ich jetzt aufwende auch im Verhältnis zu dem Rest meines Lebens oder den Dingen, die ich irgendwie sonst mache.
00:42:16: und wie schaffe ich es mich, schaffe ich es... mich in dieser Zeit eben auch voll und ganz auf das zu fokussieren, was ich jetzt hier gerade tue für diese zwei Monate und nicht permanent noch bei den anderen Dingen, die so in dieser anderen Welt sozusagen noch passieren.
00:42:33: Ja, ganz genau.
00:42:34: Ich glaube, diese Perspektive auf, wie viel muss ich hier gerade aufwenden und einsetzen und was bekomme ich eigentlich daraus zurück?
00:42:41: Die hilft unglaublich.
00:42:42: Also warum sollte ich am Tag... ...fünfundfünfzig abbrechen, nur weil ich gerade irgendwie beschlossen habe?
00:42:48: Das war jetzt schon ziemlich lang und ich habe auch keine Lust mehr.
00:42:50: Wenn mir nur noch wenige Tage fehlen, es zu Ende zu bringen und dann den Rest meines Lebens darauf zu rückschauen zu können.
00:42:57: Also ich glaube, wenn wir uns immer wieder sagen, hey, im Verhältnis zum großen Ganzen sind manche Herausforderungen gar nicht so groß und bedeutsam mehr.
00:43:06: Ja.
00:43:08: Du hast... Du warst bei der Sternstunde Philosophie zu Gast und hast da quasi den kategorischen Imperativ von Kant ein bisschen umgewandelt und hast gesagt, werde zu dem Menschen, der dir ein Vorbild sein würde oder verhalte dich so, dass du zu einem Vorbild deiner selbst bist.
00:43:28: Ich möchte dich jetzt erstmal fragen, hast du Vorbild oder hast du ein Vorbild?
00:43:32: oder hast du ein Vorbild?
00:43:34: Ich habe kein ... Einzelnes stehendes Vorbild.
00:43:38: Aber es gibt unglaublich viele Menschen, jede wieder Koloa, die mich inspirieren und von denen ich was lernen kann.
00:43:46: Und so bin ich nicht festgelegt auf den einen Menschen, wo ich sage, das ist meine Idolfigur, sondern was.
00:43:52: jedes Gespräch kann man was mitnehmen und Inspiration ziehen.
00:43:55: Und es passt zu dem, was du gerade auch so gesagt hast, ein Vorbild deiner selbst.
00:44:00: Vielleicht werden, wie du sagst, diese Verhältnismäßigkeit im Blick haben zu sagen, hey, wenn ich das jetzt durchziehe und wenn ich mich fokussieren kann und wieder ganz bei dem bin, was ich jetzt gerade mache und vielleicht noch den sechsenfünfzigsten Tag durch Schnee und Eis gehe.
00:44:15: Dann kann ich im Nachhinein darauf zurückblicken und dann kann ich auch die Erfahrung, die ich gemacht habe, auch über die schweren Dinge, die ich erlebt habe oder die Herausforderungen oder eben die Momente, wo man dann irgendwie seit einer Woche in so einem White-Out-Modus sozusagen ist, dann eben danach auch aus einer Retrospective eben dann mit den Menschen teilen und davon nochmal ganz anders berichten und erzählen.
00:44:38: Ganz genau.
00:44:39: Also ich fraue mich doch immer, wer will ich eigentlich sein?
00:44:44: Und wenn ich mir überlege, will ich diejenige sein, die schnell aufgibt, wenn es schwierig wird, diejenige sein, die eine Herausforderung immer nur als Angstmoment und nicht als positive Challenge, wo ich mal beweisen kann oder ausprobieren kann, was eigentlich in mir steckt, dann sind das negative Bilder.
00:45:02: Und dann muss ich mich immer wieder fragen, will ich das sein?
00:45:05: Will ich dafür stehen?
00:45:06: Will ich so in den Spiegel schauen oder will ich was anderes sein?
00:45:09: Heißt es, dass ich davon perfekt bin?
00:45:11: Nein, überhaupt nicht.
00:45:12: Aber sich immer wieder zu freier Sekunde.
00:45:16: Wärst du froh, wenn du so handelst?
00:45:19: Wärst du stolz darauf?
00:45:21: Entspricht das dem, was du von dir selber erwarten kannst?
00:45:24: Das hilft mir in den Momenten dann zu sagen, okay, ich muss jetzt nochmal ein Reset machen, Mindset Shift machen und rausgehen.
00:45:35: Passend dazu, also überlegst du dir vorher, welchen Beitrag du leisten möchtest oder welchen Beitrag du leisten möchtest durch deine Expeditionen, das was du tust, was für ein Impact das vielleicht im Nachhinein auch auf die Welt hat oder die Menschen, die sich dann auch vielleicht damit beschäftigen, was du erreicht hast.
00:45:56: Ist das was, was vorher bei dir Thema ist?
00:45:58: oder wenn du überlegst, mache ich das oder mache ich das nicht, machst du dir vorher schon Gedanken darum.
00:46:03: Welche Auswirkungen das im Nachnein, im positiven Sinne zum Beispiel haben könnte?
00:46:08: Ich muss ehrlich anfangen, das waren ursprünglich mal meine Urlaubsreisen.
00:46:12: Also ich habe die Welt so kennengelernt, dass ich mit jedem Urlaub einen neuen Berg kombiniert habe und ja, gemerkt habe, es ist ein toller Weg um Landschaften, Kulturen und eben aber auch Berge kennenzulernen.
00:46:27: Also da war kein höhere Anspruch, als die eigene Neugier am Erleben entdecken verstehen dabei.
00:46:33: Und die Expeditionen sind mit der Zeit größer, und dadurch hat sich aber natürlich auch das Potenzial ergeben zu sagen, okay, da kann man sicherlich auch noch andere mit inspirieren und begeistern.
00:46:45: Nicht, dass jetzt jeder dafür in die Berge gehen muss, aber eben seine eigenen Ziele sich zutrauen angehen kann.
00:46:51: Und sowas tatsächlich auch bei der Südpol-Expedition, dass wir eine Kampagne gemacht haben.
00:46:56: Not Bad for a Girl, hieß es damals, um gerade auch jungen Mädchen und Frauen zu sagen, traut euch.
00:47:03: Ihr braucht euch nicht zu verstecken und ängstlich sein, sondern ihr könnt auch mal mutig sein.
00:47:10: Rausgehen steckt so viel in euch drin, wenn ihr es nur umsetzt und Mut habt.
00:47:17: Also auch ganz viel ermutigen und auch den Menschen mitgeben, dass man, wie du sagst, auch Herausforderungen angehen kann und man nicht daran scheitern muss oder Angst haben muss, sondern eben auch mutig vorausgehen kann und sagen kann, nee, ich schaff das und ich stelle mich da gut drauf ein und ich entwickle ein gutes Mindset dafür, ich bereite mich vor und dann kann ich eben auch solche Herausforderungen meistern.
00:47:41: Absolut.
00:47:43: Ja.
00:47:46: Unser Festivalmotto ist ja alles wird gut, um nochmal so ein bisschen darauf zurückzukommen.
00:47:53: Würdest du sagen, das ist auch was, was du dir selber sagst, also vor so einer Expedition oder während du dabei bist oder ist es schon immer getrübt von so einem realistischen Blick?
00:48:04: oder ist es wirklich so ein, nee, alles wird gut und ich erinnere mich an das, was ich dazu beitragen kann, dass es wirklich gut wird für mich.
00:48:14: Ich würde jetzt gerne ja und nein sagen.
00:48:16: Also auf der einen Seite, wie das strebt mir fast schon, der Satz, alles wird gut.
00:48:22: Ja,
00:48:23: das ist für mich die rosa rote Sonnenbrille und hey, alles wird gut, aber gut gibt es ja gar nicht ohne schlecht.
00:48:28: und muss alles gut werden?
00:48:33: Nein, weil eben, es gibt kein Gut ohne schlecht.
00:48:37: Aber gleichzeitig habe ich ein gewisses Urvertrauen und eine Urruhe in mir drin, die sagt, es ist schon okay.
00:48:46: Es passt schon, selbst wenn es jetzt nicht gut wird, das Leben geht weiter.
00:48:50: Selbst wenn ich schaltere, dann ja, dann war es einfach so.
00:48:57: Und dann kann ich auch damit umgehen.
00:48:59: Und ich finde, recht interessant ist grad mal eine Studie, wo die zufriedenheit und das Glücksempfinden von Menschen untersucht wurden.
00:49:09: Sie haben die Menschen gefragt, wie glücklich glaubt ihr?
00:49:13: Werdet ihr sein, wenn ihr ein bestimmtes Ziel erreicht?
00:49:16: Also irgendwie die... ... Promotion zur Professur bekommt oder den Lotto gewinnt bekommt ... ... oder ein anderes großes positives Ereignis bekommt.
00:49:25: Und die haben immer gesagt, ich werde dann so glücklich sein.
00:49:28: Und was es wenn es nicht passiert, ... ... ja, dann werde ich sehr unglücklich sein.
00:49:31: Und sie haben dann später halt gemessen, ... ... wie sich das ausgewirkt hat.
00:49:35: Und tatsächlich, ... ... und es geht jetzt auch wieder auf dieses Follow Your Bliss, ... ... diese Flüchtigkeit der glücksten Momente zurück, ... ... es gab häufig dann den kurzen Ausschlag, ... ... ich habe im Lotto gewonnen.
00:49:44: Ich muss jetzt keine Geldsorge mehr machen oder ich habe die Promotion geschafft, ich bin jetzt eine Stufe weitergekommen.
00:49:50: Aber sehr, sehr schnell hat sich das Glücksniveau genau da wieder eingependelt, wo es schon vorher gewesen ist.
00:49:56: Also es ist sehr flüchtig zu glauben, eine Ereignis ist in seiner Auswirkung auf unser Glücksempfinden sehr flüchtig und ich glaube deswegen ist es umso wichtiger unserer Grundzufriedenheit zu arbeiten.
00:50:11: sozusagen einem Fundament, mit dem wir durchs Leben gehen, als immer nur dem nächsten Glücksmoment hinterher zu jagen.
00:50:18: Jetzt könnte man ja sagen, dass du quasi immer dem nächsten Gipfel hinterherjagst und Gipfel vielleicht dann auch nur solche Glücksmomente sind.
00:50:25: Aber so wie ich dich bisher erlebt habe und auch jetzt in dem Gespräch, kann ich mir vorstellen, dass eben für dich nicht der Gipfel in dem Moment zählt, sondern die Herausforderung und auch das Gesamtkonzept von der Vorbereitung von dem, was du tust, eben bis das Ganze abgeschlossen ist und quasi das für dich eigentlich mehr Zufriedenheit bereitet als der Gipfel letzten Endes.
00:50:46: Aber sag gerne noch selber was dazu.
00:50:49: Ja, stimmt schon.
00:50:50: Also ich bin schon ein zielorientierter Mensch und ein Ziel vor Augen zu haben.
00:50:55: gibt mir Antrieb und es lässt mich erst Dinge machen, erlernen, Herausforderungen angehen und so weiter.
00:51:03: Aber die Zufriedenheit kommt eben über das Lernen, über das mich weiterentwickeln, über das Fortschritt erleben und merken, ich kann mehr als ich gestern konnte.
00:51:14: Allein die Tatsache, dass ich in jedem einzelnen Gespräch, was ich führe, eigentlich immer gefallt werde.
00:51:19: Und was kommt als Nächstes?
00:51:20: Und jeder Mensch schon vergessen hat, dass ich vielleicht gerade erst drei Tage von der letzten Expedition zurück bin, zeigt mir auch, das scheint irgendwie so ein Urinstinkt in uns allen drin zu sein, zu sagen, es gibt keine Ziellinie als solche, wo wir mal einfach genug und alles erreicht haben, sondern da muss doch noch was kommen.
00:51:37: Und wenn wir uns diesen kontinuierlichen Streben hingeben, dann sollten wir uns davon verabschieden, dass ... Ziel erreichen, uns bis ans Lebensende glücklich macht.
00:51:48: Ich frag dich jetzt nicht, was als nächstes kommt.
00:51:51: Wir lassen das jetzt einfach im Raum stehen.
00:51:55: Auf deiner Homepage schreibst du über natürlich über deine Rekorde und auch über deine Leistungen und das immer so eine kleine ... Ein Unterschied besteht zwischen den Leistungen und den Rekorden oder den Zielen vielleicht auch dann, die man erreicht.
00:52:10: Und ich würde dich jetzt gerne noch fragen, was denn für dich persönlich deine größte Leistung war.
00:52:14: Also wo du das Gefühl hast, da habe ich was besonders Großes für dich.
00:52:18: geleistet, was vielleicht auch gar nicht mit einem Rekord zusammenhängen muss, sondern einfach in deiner persönlichen Bewertung, was da so deine größte Leistung war.
00:52:27: Tatsächlich war schon die Südpol Expedition einfach, weil dort so eine gewaltige Lernkurve in vielen, vielen Bereichen stattgefunden hat von, ich stand ein Jahr bevor ich auf diese Expedition gegangen bin, noch nie auf Langlauf schieren.
00:52:39: Ich wusste noch gar nichts von, ja.
00:52:43: Polarexplitzen als Seuchen?
00:52:45: Was braucht man um zu navigieren?
00:52:46: Wie ernährt man sich da?
00:52:48: Was sind eigentlich realistische Distanzen?
00:52:51: Wer sind diese Menschen, die Polarexplitzen machen?
00:52:54: Ich bin wirklich als komplette Außenseiter reingegangen und habe so viel gelernt und mir erarbeitet und es allein an die Startlinie geschafft zu haben.
00:53:03: Das war für mich eigentlich der größte Erfolg und ich glaube auch der größte Grund, warum es so wenig Leute machen?
00:53:08: nicht, weil die Explitzen und solche so unüberwindbar und unmachbar ist, sondern Weil viele Leute gar nicht erst bis zum Start gehen.
00:53:16: Wie lange hast du dich darauf vorbereitet?
00:53:18: Also wie lange war sozusagen die Vorbereitung und dann die Durchführung?
00:53:22: und quasi, wie lange war so der Zeitrahmen, in dem du wirklich auch geplant und intensiv vorbereitet und auch geübt hast?
00:53:30: Es war grob ein Jahr.
00:53:32: Also Ende zwanzig achtzehn kam die erste Idee auf.
00:53:34: Ich möchte da sowas machen.
00:53:36: Und November zwanzig neunzehn stand ich dann an der Christi der Antarktis.
00:53:41: Es erscheint mir jetzt aber nicht besonders lange.
00:53:44: Es war sehr kurz, bitte, vielleicht.
00:53:46: Ja, muss man schon sagen.
00:53:49: Ja, wir nähern uns quasi schon so ein bisschen dem Ende unseres Podcasts.
00:53:55: Zum Ende meines Gesprächs frage ich immer noch meine Gästinnen, ob es Dinge gibt, so ganz konkrete oder wichtige Sätze oder irgendwelche Übungen, die meine Gästinnen den Hörerinnen mitgeben wollen.
00:54:10: Gibt's irgendwas, was du den Hörerinnen mitgeben möchtest?
00:54:13: Sowohl den Menschen, die jetzt hier gerade sitzen, als auch natürlich den, die im Nachhinein noch diesen Podcast hören.
00:54:22: Vielleicht ein Framework und eine konkrete Verhandlung
00:54:26: und los.
00:54:26: Also das Framework wäre für mich Think Big, Show Grid, Stay Fit.
00:54:32: Großdenken, also sich trauen auch eben... signifikante Ziele zu haben, die in uns Begeisterung auslösen, wo wir sagen, dafür bin ich bereit, morgen früh aufzustehen und rauszugehen und was zu machen.
00:54:47: Ich glaube, je größer das Ziel, desto höher ist häufig die Anziehungskraft und die Strahlkraft, die es auf uns persönlich auswirkt.
00:54:54: Und desto einfacher fällt uns dann Stufe zwei, Show Grid.
00:54:58: Es wird immer wieder die Eskalation, die Krisenmomente, die Rückschläge geben.
00:55:05: Mein Erleben ist, immer wenn wir uns trauen, die auch anzunehmen und anzugehen, erleben wir Selbstwirksamkeit und merken, wir sind gar nicht so schwach, wie wir uns vielleicht vorher gefühlt haben, sondern eigentlich steckt schon in uns.
00:55:18: Und das Dritte ist dieses Dayfit, leistungsfähig und angepasst.
00:55:23: bleiben, leistungsfähig bleiben, basiert allein schon auf, ich schlafe genug, ich esse und trinke vernünftig, ich bewege mich hier und da.
00:55:31: Es muss alles nicht in einem extremen oder total getrackten Rahmen sein, aber einfach diese Grundleistungsfähigkeit erhalten.
00:55:37: Ich gehe nicht ins Burnout, indem ich jeden Tag über mein Limit hinaus gehe.
00:55:42: Und ich pass mich natürlich an, wenn sich die Außenbedingungen ändern, dass ich dort auch meinen Plan adaptiere und darauf reagieren kann.
00:55:51: Und jetzt vielleicht eine Handlungsempfehlung.
00:55:54: Wir haben jetzt über Komfort und aus der Komfort zu herausgehen und Mut erleben gesprochen.
00:56:01: Ich glaube, jedes Mal, wenn wir so eine kleine Mutsprung machen, um aus der Komfort zu rauszukommen, sind wir hinterher ein bisschen stärker, so als wären wir in der Gym gewesen, hätten unsere Muskeln trainiert.
00:56:13: Und das ist umso schöner, wenn wir es proaktiv machen und nicht wir in eine Herausforderung reingeschleudert werden.
00:56:20: Also
00:56:21: Willenskraft trainieren oder quasi Mut trainieren?
00:56:23: Naja,
00:56:24: das wieder was anderes mit der Willenskraft trainieren, aber ich jetzt in diesem Fall den Mut, Mutsprung machen.
00:56:29: Wie ist es, wenn wir jetzt einfach mal uns vornehmen, einmal die Woche oder einmal am Tag einen fremden Menschen in Kompliment zu machen?
00:56:37: Das braucht Mut, bringt aber Leuten ein Lächeln auf ins Gesicht und man merkt auf einmal, man wird viel Souveräne im Umgang mit fremden Leuten oder eben andere Kleinigkeiten machen, die Überwindung kosten?
00:56:48: Wo wir aber merken, naja, wenn ich das jetzt dreimal gemacht habe, kostet mich das gar keine Überwindung mehr und ich fühle mich stärker für vielleicht die nächste Talente, die ich mir aussuche und setze.
00:56:58: Schön.
00:56:59: Also nochmal das englische Motto.
00:57:03: Think big.
00:57:04: Think big.
00:57:05: Show grid.
00:57:05: Show
00:57:05: grid.
00:57:06: Stay fit.
00:57:08: Und den Mut ein bisschen trainieren.
00:57:11: Ich schließe meinen Podcast immer mit der Frage, wie ist mein Gast in den jetzt geht?
00:57:15: Lieber Anja, wie geht's dir jetzt?
00:57:18: Ja, weiterhin gut und ich freue mich jetzt auf den zweiten Teil des Tages.
00:57:23: Schön.
00:57:24: Du hast vorhin erzählt, du hast ein halbwegs freies Wochenende, also kannst dann jetzt auch ein bisschen die Freizeit genießen.
00:57:31: Ganz herzlichen Dank, dass du da warst.
00:57:35: Wir haben es nicht wirklich geplant, aber bevor ich Anja jetzt verabschiede, möchte ich noch kurz sagen, dass durchaus die Möglichkeit bestünde, falls Fragen im Publikum da sind, dass ihr Fragen stellen könnt.
00:57:50: könnt ihr einmal ganz kurz in euch gehen, ob es noch irgendwas gibt, was ihr konkret an ja fragen wollt.
00:57:56: Die Möglichkeit würde jetzt noch bestehen.
00:57:59: Ganz kurz, bevor ich dich dann endgültig verabschiede.
00:58:03: Da hinten ist eine Frage.
00:58:06: Danke.
00:58:07: Ja, hallo Norbert.
00:58:09: Ja, ich würde dich gerne fragen, du hast einen Kopfrechnen gemacht und so.
00:58:13: Und ich habe gedacht, ist es nicht eigentlich auch die Lehre, die man dann mal aushalten muss und die einfach dazu gehört, wenn man so alleine ist und die Lehre vielleicht auch das ist, was dann sein darf oder sein muss?
00:58:30: Ja.
00:58:33: Wie sagt es ein Bekannter von mir, er hat immer einen, seine Partnerin würde ihm immer sagen, halt ist er ein Screensaver im Gehirn, wenn er diese Lehremomente hat.
00:58:44: Ja, es gibt für mich zum einen dieses, ich bin auf einer Expedition schon permanent gefordert, also navigieren, Sport machen, die ganzen Sachen richtig ausfüllen, als es nicht eine komplette Lehre, sondern ich bin rein praktisch gefordert.
00:59:00: Dadurch ist es nicht ein... Ich kann mich jetzt mal komplett meditativ verlieren.
00:59:06: Trotzdem gibt es immer wieder so Momente, wo man in dieses ... Ja, in diesen Flow reinkommt, wo dann doch der Kopf eben mal einfach loslässt, man einfach nur ist, man nur sein kann.
00:59:16: oder wenn ich eine Pause mache und dann dieses ... Man wird in der Philosophie als Nunkstand das Stehende jetzt bezeichnen, wo einfach eben der ... Man selber im Moment und im Sein aufgeht, das ist eigentlich die schönsten Momente, wenn man wenn man sich in dieser Lehre verlieren kann, definitiv.
00:59:35: Noch eine Frage, da vorne noch.
00:59:39: Hattest du denn manchmal Todesangst?
00:59:41: Und wie bist du dann damit umgegangen?
00:59:43: Oder war deine Expedition nie so, dass du dachtest, oh Gott, da komme ich nicht mehr raus?
00:59:49: Es gab dieses Jahr einen Moment, wo ich tatsächlich nicht wusste, ob ich da lebend rauskomme.
00:59:55: Ich war an der Annapurna.
00:59:56: Die Annapurna hatte bis vor wenigen Jahren eine Todesrate von rund dreißig Prozent.
01:00:01: So ziemlich der gefährlichste Berg, den man besteigen kann.
01:00:04: Und dort gibt es eben eine Passage, wo mehr oder weniger permanent Lavinengefahr besteht.
01:00:10: Das ist nicht so, dass man wartet, dass sich der neue Schnee gelegt hat und dann ist alles gut, sondern die Gefahr besteht immer.
01:00:15: Und wenn man da hoch will, muss man da durch.
01:00:18: Und ich bin durch diese Passage durchgegangen und dann kam eine Lavine.
01:00:22: Und es waren zwei Bergsteiger etwas weiter unten.
01:00:25: Die haben geschrien, ich habe mich umgedreht.
01:00:27: Ich sah sie wegrennen, da war mir schon klar.
01:00:29: Und da wurde ich auch schon getroffen, da kam dann Lavine runter und ich habe noch die Hände über den Kopf gemacht, konnte mich an eine steile Eiswand drücken.
01:00:37: Und ich habe in dem Moment wirklich nur gedacht, ich möchte so nicht sterben.
01:00:41: Ich hoffe, dass das überlebe.
01:00:43: Und ich hatte Glück, es war eine recht kleine Lavine, die recht schnell aufgehört hat.
01:00:48: Dadurch, dass ich so nah an einer Eiswand stand, war ich, wie man es vom Wasserfall kennt, ja auch nicht nur Wand flach runter fällt, sondern so einen kleinen Bogen, etwas geschützt für den großen Eisblöcken.
01:00:57: Aber in dem Moment war es wirklich eine Nahtoderfahrung, könnte man sagen.
01:01:05: Noch eine Frage da vorne.
01:01:08: Hallo, Simon hier.
01:01:11: Ich habe eine Frage zu Energiemanagement.
01:01:13: Ich als Mann konsumiere vor allem ... Inhalte von männlichen Athleten, das offensichtlich.
01:01:19: Und ich finde die Frage einfach wichtig und vielleicht interessiert es auch jemand, der später den Podcast hört.
01:01:27: Wie ist dein Energiemenschment als Frau?
01:01:30: und gerade auch wie gehst du mit deinem Zyklus um, wenn du vielleicht schwache Wochen hast, schwache Tage und das genau auf eine Expedition fällt, die du schon lange geplant hast und die du durchziehen wirst.
01:01:44: Ja.
01:01:46: Interessanterweise wissen wir aus der Wissenschaft, dass Frauen bei ultralang Expeditionen oder Resilienzchallenges physisch resistenter sind als Männer.
01:01:59: Das ist einfach eine wahrscheinlich durch Schwangerschaft und sonst revolutionäre Themen angelegte Struktur.
01:02:06: weibliche Körper besser darauf reagiert.
01:02:07: Das fetthaftet länger und besser.
01:02:10: Die Leistungsfähigkeit nimmt etwas weniger ab.
01:02:13: Wir haben auch einen geringeren Grundumsatz an Energie, einfach als weiblicher Körper.
01:02:19: Das ist natürlich zuträglich.
01:02:20: Da habe ich jetzt nichts für getan, außer dass ich jetzt als Frau auf die Welt gekommen bin.
01:02:28: war schon immer jemand, der eher in Richtung Kitos- und Fettstoffwechsel und Fettverbrennung abzielt, was auch bei ultralang Herausforderungen besser funktioniert als der reine Kohlenhydratstoffwechsel, wo man sagt, alle halbe Stunde neue Skill rein und dann kommt es schon gut.
01:02:49: Zyklus ist noch ein sehr interessantes Thema, denn wenn der Körper in einer Extrem-Challenge ist, fängt er an, Dinge zu unterdrücken.
01:02:56: Also es ist nicht selten, dass Frauen dann komplett menstruationsfrei sind während einer Explizion.
01:03:03: Und wenn es nicht so ist, dann ist die Challenge wahrscheinlich nicht groß genug gewesen für den Körper.
01:03:08: Nein, also es ist tatsächlich was, wo der Körper sich auch ohne Medikamente oder Hormone dazu zu führen anpasst.
01:03:14: oder anpassen kann und die Leistungsfähigkeit dann trotzdem erhält und dann diese Schwankungen selbst automatisch reguliert.
01:03:23: Also es ist auch faszinierend und deswegen sage ich auch immer, der Mensch ist viel anpassbarer, als wir es ihm zutrauen würden.
01:03:30: Was du jetzt nicht erwähnt hast, worüber wir uns im Vorgespräch aber auch unterhalten haben, ist, dass, wenn man nochmal bei Geschlechterunterschied ist, dass Männer auch ein anderes Risiko empfinden haben als Frauen.
01:03:42: Und das durchaus auch manchmal vom Vorteil für Frauen sein können, weil eben so der Umgang mit bestimmten Risiken manchmal bei Frauen, man könnte jetzt sagen defensiver ist, aber dadurch vielleicht auch ein bisschen eine realistischere Situationseinschätzung manchmal dann stattfindet.
01:03:59: Ja, so müssen das für und wieder Frauen und Frauen sich manchmal nicht so viel zu.
01:04:04: Zu wenig gehen nicht weit genug.
01:04:06: Und meiner haben manchmal das Gefühl, das
01:04:10: geht schon noch.
01:04:10: Das
01:04:10: geht schon.
01:04:12: Und da will ich einfach mal zwei Situationen beschreiben.
01:04:15: Das eine war dann im K-II-Basislager, wo ein anderer Bergsteiger zu mir meinte.
01:04:20: Die größten Erfolgschancen rechne ich den Frauen hierzu, denn die haben eine so starke Selbstelektion, aber auch ein bisschen externe Selektion durchlauft müssen, um überhaupt hier im Basislager anzukommen, dass die wahrscheinlich qualifizierter sind als nicht alle, aber einige der Männer, die gesagt haben, ich kann das schon, ohne ohne Groß-Selbstkritik.
01:04:41: Kann man nicht hundert Prozent pauschalisieren, aber das ist eine leichte Tendenz an der Stelle.
01:04:45: Das andere ist dieses, ich will mein Gesicht nicht verlieren.
01:04:49: Da gab es zum Beispiel eine kleine Expedition mit recht unerfahrenen Sportlern, keine große Sache.
01:04:56: Da musste einer drei Kilometer vom Südpol evakuiert werden wegen Unterkühlung.
01:05:01: Weil er in dieser Truppe der starken Rugby-Leute, mit denen er dort unterwegs war, nicht sagen wollte, hey, bleib mal kurz stehen, ich musste Jacke aus dem Schlitten zwei Meter hinter mir rausholen.
01:05:11: Er ist wegen Unterkühlung evakuiert worden, weil er gesagt hat, ich bin tough, ich halte das durch, ich ziehe das durch.
01:05:18: Ja, da ist vielleicht auch ein bisschen der äußere gesellschaftliche Druck, der da eine Rolle spielt, der uns dann die eine oder die andere Form presst und wo wir aus beiden Perspektiven vielleicht einen gesundes Mittelmaß finden müssen.
01:05:31: Vielen Dank.
01:05:33: Noch weitere Fragen soweit.
01:05:36: Da vorne ist noch eine Frage, vielleicht noch als letzte Frage, bevor wir schießen.
01:05:41: Hallo, ich vielleicht, also mir wird interessieren, was die noch so... großen Expeditionen, ja Freutage, also als du zurückgekommen bist, was war das, wo ich gesagt hast, oh wow, das habe ich von mir.
01:05:56: so bin ich froh, dass sie das wieder in meinem Leben haben.
01:05:59: Es sind lustige Dinge manchmal.
01:06:01: Nach der Südpol Expedition war ich am Südpol angekommen von dem Zeltlager mit gewisser Infrastruktur entfangen genommen worden und dann gab es einen Stuhl mit Rückenlehne.
01:06:14: Ich hab's gefeiert.
01:06:16: Ich konnte mich zurücklehnen und sitzen.
01:06:18: Konnte ich zwei Monate lang nicht.
01:06:21: Nach den großen Expeditionen in Bergen ist es häufig so, dass man raustrackt wieder zurück in die Zivilisation.
01:06:29: Und ich weiß noch, gerade jetzt nach Broad Peak und Katzei, zwei Monate nur Steine an organisches Eisschnee gehabt.
01:06:35: Und dann riecht man das erste Moos.
01:06:37: Und dann riecht man die erste Pflanze.
01:06:38: Dann riecht man die erste Blume.
01:06:39: Und dann sind da auf einmal Tiere.
01:06:41: Und diese ... Intensität der Sinneswahrnehmung ist überwältigend.
01:06:47: Auf dem Weg ins Basislage habe ich gar nicht gemerkt, dass es da alles riecht und wächst und irgendwas macht.
01:06:52: und das auf dem Weg zurück warst dann wirklich eine Reizüberflugung im positivsten Sinne.
01:07:00: Und dann gibt es natürlich die Klassiker wie fließend Wasser, ein Bett mit frischer Bettwäsche, Strom und Internet und also die Basics.
01:07:11: nur auch da gilt.
01:07:13: Ich stelle immer wieder fest, wie anpassbar wir sind.
01:07:15: Auch da gewöhnt man sich sehr schnell wieder dran und nimmt es wieder als selbstverständlich hin.
01:07:20: Vielen lieben Dank.
01:07:21: Das ist doch ein schönes Schlusswort.
01:07:23: Achtet auf eure Bettwäsche und freut euch an eurer Bettwäsche und dem fließenden Wasser.
01:07:28: Vielen, vielen lieben Dank, Anja, dass du da warst und dass du deine Erfahrung und auch deine Werte und das, was dich antreibt, mit uns geteilt hast und hier zu Gast warst.
01:07:39: Bye, I feel you.
01:07:40: Vielen Dank.
01:07:41: Sehr, sehr gerne.
01:07:49: Reflepp.
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